Umwandlungsrechtliche Änderungen im Zuge des 4. Bürokratieentlastungsgesetzes (BEG IV)

1.    Überblick

Das Bundesministerium der Justiz veröffentlichte am 11.01.2024 den Referentenentwurf zum Vierten Bürokratieentlastungsgesetz. Ziel ist der Abbau der Bürokratiebelastung für Bürger und Unternehmen sowie das Vorantreiben der Digitalisierung.  Im Fokus der Änderungsvorhaben steht dabei unter anderem die Erleichterung von Formerfordernissen. So soll in zahlreichen Vorschriften verschiedener Gesetze das Erfordernis der Schriftform durch die Textform ersetzt werden. Dies ist auch zweckdienlich, da die Schriftform die eigenhändige Unterschrift auf Papier verlangt und somit Medienbrüche in digitalisierten Prozessen verursacht.  Der Referentenentwurf umfasst unter anderem auch Änderungen im Gesellschafts- und Umwandlungsrecht. Der Schwerpunkt der nachfolgenden Darstellung soll auf den Änderungen des Umwandlungsrechts liegen, aber auch Änderungen des GmbHG und AktG einbeziehen.

 

2.    Umwandlungsrechtliche Änderungen

Die geplanten Änderungen des UmwG, des GmbHG und des AktG sind rein formbezogen und befassen sich lediglich mit der Überführung der bisher geltenden Schriftform in die Textform des § 126b BGB.  Die Änderungen des UmwG nach dem Referentenentwurf betreffen dabei lediglich die Vorschriften des § 22 Abs. 1 S. 1 UmwG und des § 100 S. 2 UmwG.

 

a)    Gläubigerantrag

Gem. § 22 Abs. 1 S. 1 UmwG ist den Gläubigern der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger Sicherheit zu leisten, wenn sie ihren Anspruch nach Grund und Höhe schriftlich anmelden.  Die in § 22 Abs. 1 S. 1 UmwG vorausgesetzte Schriftform soll nun durch die Textform ersetzt werden. Im Referentenentwurf zum BEG IV wird als Begründung lediglich die neue Regelungsform angeführt.  Ziel ist auch hier die Vereinfachung der Anmeldung entsprechender Ansprüche durch erleichterte Formerfordernisse. Die praktische Notwendigkeit dieser Neuregelung wird allerdings zum Teil auch kritisch betrachtet.  Das Erfordernis der Schriftform nach § 126 BGB wurde bis dato nicht wirklich in Frage gestellt, woraus man schließen könnte, dass dies in der Praxis kein essenzielles Problem ist. Gestützt wird dies von dem Gedanken, dass der gläubigerbezogene Schwerpunkt im Hinblick auf den Erhalt von Sicherheitsleistung im Zuge einer Verschmelzung wohl nicht in den Formerfordernissen, sondern vielmehr im Nachweis der Forderungsgefährdung und dessen Glaubhaftmachung liegt, sich also auf materielle Gesichtspunkte konzentriert.  Über § 125 Abs. 1 S. 1 UmwG gilt § 22 Abs. 1 S. 1 UmwG auch für die Spaltung und nach § 204 UmwG für einen Formwechsel.  § 314 UmwG ist allerdings lex specialis, wenn es sich um eine grenzüberschreitende EU-Verschmelzung handelt.  Mit dem BEG IV soll keine Änderung des § 314 UmwG einhergehen, da nach der Vorschrift die Anmeldung bzw. Glaubhaftmachung gegenüber dem für die deutsche Gesellschaft zuständigen Amts- oder Landgericht und nicht gegenüber dem übernehmenden Rechtsträger zu erfolgen hat und die formale Anforderung an den Gläubigerantrag somit eine prozessuale und nicht materiell-umwandlungsrechtliche Basis hat.  

 

b)    Verschmelzungsprüfung bei eingetragenen Vereinen

Der Referentenentwurf sieht eine weitere Änderung im Rahmen des § 100 S. 2 UmwG vor, wonach eine Verschmelzungsprüfung bei einem eingetragenen Verein nur erforderlich ist, wenn mindestens 10 % der Mitglieder diese schriftlich verlangen. Auch hier ist unter dem Begriff: „schriftlich“ die Schriftform des § 126 BGB zu verstehen . Nach den geplanten Änderungen durch das BEG IV soll für ein entsprechendes Verlangen der Mitglieder die Textform des § 126b BGB ausreichen. Prüfungen des Verschmelzungsvertrages sind in der Praxis bis jetzt eher die Ausnahme, unter anderem auch, weil Vereine, die den Entschluss einer umwandlungsrechtlichen Verschmelzung treffen, meist eine große Anzahl an Mitgliedern aufweisen und es sich als schwierig gestaltet, die nach § 100 Abs. 2 UmwG erforderlichen 10 % der Mitglieder zu mobilisieren, ein schriftliches Prüfungsverlangen abzugeben.  Insofern könnte eine Erleichterung der Formerfordernisse zur Folge haben, dass sich mehr Mitglieder dazu entschließen, eine Verschmelzungsprüfung zu verlangen. Zu bedenken ist allerdings, dass auch nach bisheriger Rechtslage eine Namensunterschrift der Mitglieder auf derselben Urkunde nicht erforderlich war und die Anforderungen an ein entsprechendes Prüfverlangen somit tatsächlich gar nicht unüberwindbar hoch waren.  Inwiefern die Herabsetzung des Formerfordernisse im Zuge des BEG IV hier tatsächlich eine positive Tendenz bewirkt, bleibt abzuwarten. Des Weiteren muss beachtet werden, dass eine erleichterte Herbeiführung einer solchen Verschmelzungsprüfung nicht nur mit positiven Konsequenzen einhergeht. Im Zweifel könnte eine solche Erleichterung dem Interesse des Vereinsvorstand und sonstiger Vereinsmitglieder und damit dem Verein als solchem entgegenstehen, da eine entsprechende Verschmelzungsprüfung zeit- und kostenintensiv ist (vgl. 9 ff. UmwG) und den gesamten Prozess der Umwandlung wesentlich aufwendiger macht.

 

c)    „Fehlende“ Änderungen

Der Referentenentwurf bezieht seine Änderungen im Hinblick auf die Herabsetzung der Formerfordernisse im Rahmen des Umwandlungsgesetzes lediglich auf die §§ 22 Abs. 1 S. 1, 100 S. 2 UmwG, die praktisch vermeintlich von geringerer Bedeutung sind. Zur Erreichung des Ziels des Gesetzesvorhabens scheint es nur sinnvoll, anzunehmen, dass die geplanten umwandlungsrechtlichen Änderungen nicht vollständig sind und der Referentenentwurf noch weitere Anpassungen hätte vornehmen müssen.  Exemplarisch sei hier die Pflicht zur Erstellung eines Verschmelzungsberichts gem. § 8 Abs. 1 S. 1 UmwG erwähnt und das diesbezügliche Auseinanderfallen der Formerfordernisse bei innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Umwandlungen. Für innerstaatliche Umwandlungen muss die Erstellung eines Verschmelzungsberichts grundsätzlich schriftlich erfolgen, erfordert demnach die eigenhändige Unterschrift der Mitglieder des Vorstands bzw. der Geschäftsführung in vertretungsberechtigter Zahl.  Für grenzüberschreitende Umwandlungen sehen § 309 Abs. 1 S. 1 UmwG, § 324 S. 2 UmwG und § 337 Abs. 1 UmwG lediglich die Erstellung eines Berichts vor. Hier ist die Textform ausreichend. Es bedarf also insbesondere keiner eigenhändigen Unterzeichnung des Verschmelzungsberichts. Für diese Differenzierung sind keine rechtfertigenden Gründe ersichtlich . Es wäre somit wünschenswert gewesen, dass der Referentenentwurf dies erkennt und eine Herabsetzung der Schriftform des § 8 Abs. 1 S. 1 UmwG in die Textform vorgesehen hätte.

 

3.    Weitere Änderungen mit umwandlungsrechtlicher Bedeutung

Des Weiteren sieht der Referentenentwurf neben den Änderungen des Umwandlungsgesetzes auch Änderungen einzelner GmbH- und aktienrechtlicher Vorschriften vor, die sich allerdings ebenfalls weitgehend in der Transformation der Schrift- in die Textform erschöpfen.  

 

a)    Änderungen des GmbHG

Die wichtigste geplante Änderung betrifft § 48 Abs. 2 GmbHG, wonach des Schriftformerfordernis der zweiten Variante des Abs. 2 durch die Textform ersetzt werden soll. Diese Änderung hat nach der Begründung des Referentenentwurfs dabei primär deklaratorischen Charakter, da eine Abstimmung in Textform nach „überwiegender Ansicht in der Literatur“  bereits jetzt ausreichend sei, obwohl es nach dem Wortlaut des § 48 Abs. 2 GmbHG der Schriftform bedarf. Die Änderung ist jedenfalls dahingehend begrüßenswert, dass sie Rechtssicherheit schafft.  Grundsätzlich hat die geplante Änderung des § 48 Abs. 2 GmbHG allerdings keinen Einfluss auf die tatsächliche Durchführung von Umwandlungsmaßnahmen, da ein der Maßnahme zustimmender Anteilsinhaberbeschluss gemäß der §§ 13 Abs. 1 S. 2, 193 Abs. 1 S. 2 UmwG nur in einer Versammlung gefasst werden kann und somit durch § 48 Abs. 2 GmbHG ermöglichter Umlaufbeschluss unzulässig ist.  Unter bestimmten Voraussetzungen ist es allerdings möglich, den Beschluss innerhalb einer virtuellen Versammlung per Fernkommunikation zu fassen, da keine Verpflichtung besteht, die Versammlung in Präsenz abzuhalten.

 

b)    Änderungen des AktG

Im Bereich des Aktienrechts betreffen die Änderungen insbesondere die Mitteilungspflichten nach den §§ 20 f. AktG. Auch hier soll eine Herabsetzung der Schriftform in die Textform erfolgen. § 20 AktG ist in erster Linie im Rahmen der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft als Mitteilungsempfänger relevant. Entsteht eine Aktiengesellschaft im Zuge einer Umwandlung, werden die Mitteilungspflichten des § 20 AktG ausgelöst.  Das gilt aufgrund des Sitzerfordernisses im Inland auch für eine grenzüberschreitende Umwandlung in eine Aktiengesellschaft.  Hingegen wird durch den Formwechsel eines gem. § 20 AktG meldepflichtigen Unternehmens keine Meldepflicht ausgelöst, da sich an der rechtlichen Zuordnung der Aktien nichts ändert, mithin weder die Inhaberschaft an den Aktien noch die Stimmrechte tangiert werden.  Nimmt man § 21 AktG in den Blick, zeigt sich eine vergleichbare Systematik. Eine Mitteilungspflicht der Aktiengesellschaft wird ausgelöst, wenn es sich um einen Formwechsel von einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft handelt, nicht aber wenn der Formwechsel von einer in eine andere Kapitalgesellschaft stattfindet, denn in diesem Fall besteht bereits eine von § 21 Abs. 1 S. 1 AktG adressierte Kapitalgesellschaft.  Abweichendes gilt für eine Hereinumwandlung einer EU-ausländischen Kapitalgesellschaft in eine deutsche Kapitalgesellschaft, da in diesem Fall noch keine Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland, wie von § 21 Abs. 1 S. 1 AktG gefordert,  bestand.  Dass eine entsprechende Mitteilung nach dem Referentenentwurf in Textform möglich sein soll, vereinfacht den Prozess dahingehend, dass keine schriftliche Ausfertigung und Versendung sondern vielmehr eine zügige Versendung per E-Mail möglich wäre.

 

4.    Fazit

Die umwandlungsrechtlichen Änderungen, die der Referentenentwurf zum BEG IV vorsieht, haben grundsätzlich Zuspruch verdient. Durch die Herabsetzung der Formerfordernisse sollen Unternehmen von unnötiger Bürokratie entlastet werden. Auch ist es im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung von Arbeitsprozessen sinnvoll, abzuwägen, in welchen Bereichen es wirklich auf die Schriftform ankommt oder die Textform ausreichend sein kann und mögliche Bedenken hinsichtlich des Nachweises der Legitimation des Texterstellers auf anderem Wege auszuräumen. Festzuhalten ist allerdings, dass die geplanten Änderungen eher einen Mehrwert für die einzelnen Personengruppen, beispielsweise den Gläubigern oder Vereinsmitgliedern darstellen, als für die Gesellschaft oder den Verein selbst.  

 

» Zum Fachgebiet "Umstrukturierung"

» Zur Startseite