Verfolgung von (deliktischen) Ansprüchen der WEG gegen den insolventen Verwalter

Vor dem Hintergrund eines Falles des AG Erfurt (Az.: 5 C 807/21) bietet der folgende Beitrag einen Einblick, wie Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen insolvente Verwalter von Wohnungseigentumsgemeinschaften durchgesetzt werden können.

 

I. Sachverhalt

Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) hatte zur Erfüllung seiner Aufgaben die Alleinverfügungsberechtigung über das „WEG-Konto Instandhaltungsrücklagen“. Am 09.04.2020 wurde ein Betrag von 8.000 EUR von diesem Konto auf das Privatkonto des Verwalters überwiesen. Infolgedessen erhob die WEG eine Klage gegen den Verwalter auf Schadensersatz sowie auf Feststellung der vorsätzlichen Deliktshaftung. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 05.02.2021 erkannte der Verwalter den Leistungs- und den Feststellungsanspruch an. Am 11.02.2021 erließ das LG Erfurt ein Anerkenntnisurteil, welches nicht angefochten wurde und in Rechtskraft erwuchs.

Zuvor hatte das AG Erfurt am 02.02.2021 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des WEG-Verwalters eröffnet. Infolgedessen widersprach der Verwalter der von der WEG angemeldeten Forderung beschränkt auf den Haftungsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (Deliktsgrund). Diesen Widerspruch hat der Verwalter nicht weiterverfolgt. Mit Schreiben vom 09.03.2021, dessen Zugang bei der Insolvenzverwalterin vom WEG-Verwalter bestritten wird, teilte der Prozessbevollmächtigte der WEG gegenüber der Insolvenzverwalterin mit, seine Mandantin werde aus dem Anerkenntnisurteil keine Rechte herleiten.

Die WEG begehrt nun mit ihrer Klage die Feststellung der Forderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung (Untreue und Betrug). Das AG Erfurt wies die Klage als unzulässig ab, da die Rechtskraft des Anerkenntnisurteils entgegenstehe und kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage mit gleichlautendem Antragsinhalt bestehe.

 

II. Schadensersatzpflicht des Verwalters

Dem Verwalter der WEG obliegt nach § 9a Abs. 3, 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG die Verwaltung der Gelder der Gemeinschaft. Diese Gelder müssen von seinem eigenen Vermögen gesondert halten (Bärmann/Becker, WEG, 15. Aufl. 2023, § 27 Rn. 151). Offene Treuhandkonten auf den Namen des Verwalters sind unzulässig (BeckOK BGB/Hügel, 69. Ed. 01.02.2024, WEG, § 27 Rn. 17).

Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG ist der Verwalter berechtigt/verpflichtet, Zahlungen und Leistungen zu erbringen/entgegenzunehmen, die der laufenden Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und/oder des Gemeinschaftsvermögens dienen (BeckOK WEG/Elzer, 56. Ed. 2.4.2024, WEG § 27 Rn. 144). In diesem Rahmen ist der Verwalter berechtigt, Zahlungen an sich selbst zu leisten, wie seine Verwaltervergütung oder etwaige Aufwendungsersatzansprüche (Bärmann/Becker WEG § 27 Rn. 140). Sonstige Zahlungen, die nicht im Zusammenhang mit der laufenden Verwaltung des Wohneigentums stehen, darf der Verwalter nur auf Anweisung der WEG tätigen. Tätigt der Verwalter eigenmächtig Zahlungen, kann er gegenüber der WEG schadensersatzpflichtig sein (BeckOK WEG/Elzer, 56. Ed. 2.4.2024, WEG § 27 Rn. 149).

Lag der Zahlung von 8.000 EUR auf das Privatkonto des Verwalters also kein rechtlicher Anspruch zugrunde, erfolgte sie pflichtwidrig und höchstwahrscheinlich vorsätzlich. In diesem Fall wäre der Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung gegeben. Da der Verwalter bereits im ersten Verfahren vor dem LG Erfurt die Feststellung der Deliktseigenschaft anerkannt hat, wird im Weiteren unterstellt, dass der Deliktsgrund gegeben ist.

 

III. Geltendmachung von Forderungen im Insolvenzverfahren

1. Forderungsanmeldung

Forderungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden, können nach Eröffnung – unabhängig von einer etwaigen Titulierung – lediglich noch als Insolvenzforderungen geltend gemacht werden (§§ 87, 174 InsO). Hierfür sind Betrag und Rechtsgrund der Forderung bei der Anmeldung zur Insolvenztabelle anzugeben (§ 174 InsO). Gemäß § 174 Abs. 2 InsO muss auch bei der Anmeldung einer Forderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung dieser Rechtsgrund dargelegt werden.

 

2. Bestreiten der Forderung durch den Insolvenzverwalter oder einen Gläubiger

Wird die Forderung vom Insolvenzverwalter oder einem anderen Gläubiger bestritten und keine außergerichtliche Einigung erzielt, muss der Forderungsgläubiger (hier die WEG) ihre Feststellung mithilfe einer Feststellungsklage gem. §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 InsO durchsetzen. Falls die Forderung bereits tituliert war, liegt gem. § 179 Abs. 2 InsO die Betreibungslast beim Bestreitenden, der den Titel mit den dafür vorgesehenen Rechtsmitteln beseitigen muss. Teilweise wird hierfür vorausgesetzt, dass der Titel beim Prüfungstermin im Original vorlag (vgl. OLG Celle, NZI 2022, 893 Rn. 18 und MüKoInsO/Schumacher, 4. Aufl. 2019, InsO, § 179 Rn. 26).

Da im Urteil des AG Erfurt nicht erwähnt wird, dass die Insolvenzverwalterin der Forderung widersprochen hat, ist davon auszugehen, dass die Forderung im Insolvenzverfahren an der Verteilung der Insolvenzmasse teilnimmt. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens kann die WEG zudem eine vollstreckbare Ausfertigung der Tabelle beantragen, um die Zwangsvollstreckung zu betreiben (§§ 178 Abs. 3, 201 Abs. 2 S. 1 InsO), falls der Antrag auf Restschuldbefreiung abgelehnt werden sollte.

 

3. Bestreiten des Insolvenzschuldners

Bei Beantragung der Restschuldbefreiung durch den Insolvenzschuldner, ist zu differenzieren, ob sein Widerspruch gegen die Forderung als solche gerichtet ist oder ausschließlich bzw. zusätzlich gegen den Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung.

 

a) Widerspruch gegen die Forderung

Trotz eines Widerspruchs des Schuldners gegen die Forderung gilt die diese als festgestellt, sofern der Insolvenzverwalter oder ein Gläubiger nicht widersprochen haben (vgl. § 178 InsO). Im Falle eines Schuldnerwiderspruchs gegen die Forderung erhält der anmeldende Gläubiger jedoch nach § 201 Abs. 2 S. 1 InsO keine vollstreckbare Ausfertigung der Tabelle zum Betreiben der Zwangsvollstreckung. Zur Sicherung der Vollstreckungsmöglichkeit im Falle der Versagung der Restschuldbefreiung empfiehlt sich daher für den Gläubiger die Beseitigung des Widerspruchs. Hierfür muss der Gläubiger gem. § 184 Abs. 1 S. 1 InsO eine Klage gegen den Schuldner auf Feststellung der Forderung erheben. Liegt bereits ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil über die Forderung vor, wird die Betreibungslast auf den bestreitenden Schuldner übertragen und der Widerspruch nach § 184 Abs. 2 S. 2 InsO als nicht erhoben angesehen, wenn der Schuldner den Widerspruch nicht binnen Monatsfrist nach dem Prüfungstermin oder dem Bestreiten im schriftlichen Verfahren mit den zulässigen Rechtsmitteln verfolgt.

Widerspricht der Schuldner – wie im vorliegenden Fall – ausschließlich dem Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung, liegt aufgrund der Feststellung der Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel vor und der Gläubiger erhält gem. § 201 Abs. 2 S. 1 InsO einen vollstreckbaren Tabellenauszug (BGH, NZI 2014, 507 Rn. 11), mit dem er im Falle der Versagung der Restschuldbefreiung die Zwangsvollstreckung betreiben könnte. Die Vollstreckbarkeit bei Erteilung der Restschuldbefreiung hängt hingegen maßgeblich davon ab, ob der Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung bestätigt wird.

 

b) Widerspruch gegen den Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung

Eine Forderung, die mit dem Rechtsgrunds der vorsätzlichen unerlaubten Handlung zur Insolvenztabelle angemeldet wird, unterliegt gemäß § 302 Nr. 1 InsO nicht der Restschuldbefreiung und kann vom Gläubiger auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung weiterhin geltend gemacht werden. Bezweifelt der Insolvenzschuldner die Forderung als solche nicht, kann er beschränkt auf den Deliktsgrund widersprechen (BGH, NZI 2007, 416 Rn. 10; BeckOK InsO/Zenker, InsO, 34. Ed. 15.01.2023, § 184 Rn. 20). Zu beachten ist, dass ausschließlich der (Insolvenz-) Schuldner dem Deliktsgrund widersprechen kann (BeckOK InsO/Zenker, 34. Ed. 15.01.2023, § 184 Rn. 3). Ein solcher Widerspruch des Schuldners gegen den Deliktsgrund hat keine Auswirkungen auf die Teilnahme an der Quotenausschüttung oder die Zwangsvollstreckung im Falle der Versagung der Restschuldbefreiung. Im Falle einer erteilten Restschuldbefreiung kann dieser Widerspruch jedoch als Grundlage für eine Vollstreckungsabwehrklage dienen (BGH, NJW 2011, 1133 Rn. 8; 2006, 2922 Rn. 10).

Falls der Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung bei Insolvenzeröffnung noch nicht tituliert ist, kann der Insolvenzgläubiger – sollte der Schuldner dem Deliktsgrund widersprechen – gem. § 184 Abs. 1 InsO Klage auf Feststellung des Deliktsgrunds erheben oder einen unterbrochenen Rechtsstreit wiederaufnehmen (Attributsklage) (BGH, NZI 2007, 416 [LS 1]). Ist der Deliktsgrund hingegen bereits tituliert, muss das Attribut der vorsätzlichen unerlaubten Handlung ausdrücklich vom Urteilstenor erfasst sein, damit gem. § 184 Abs. 2 InsO eine Umkehr der Betreibungslast erfolgt und die Unbeachtlichkeit des Widerspruchs des Schuldners in Betracht kommt (BGH, NJW 2010, 2210 Rn. 15; K. Schmidt InsO/Jungmann, InsO, § 184 Rn. 18).

Im vorliegenden Fall des AG Erfurt hatte der WEG-Verwalter lediglich dem Attribut der vorsätzlichen unerlaubten Handlung widersprochen. Daraufhin erhob die WEG eine Attributsklage. Eine Wiederaufnahme des Rechtsstreits kam nicht in Betracht, da die frühere Feststellungsklage vor dem LG Erfurt bereits durch das Anerkenntnisurteil vom 11.02.2021 beendet war.

 

IV. Zulässigkeit der Klage im Fall des AG Erfurt

Das AG Erfurt hat die Attributsklage der WEG wegen entgegenstehender Rechtskraft des zuvor ergangenen Anerkenntnisurteils und des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses zurückgewiesen. Das Rechtsschutzbedürfnis könnte insbesondere fehlen, wenn der Widerspruch des WEG-Verwalters gemäß § 184 Abs. 2 InsO unbeachtlich wäre, weil er den Widerspruch nicht verfolgt hat. Erforderlich für das Eingreifen des § 184 Abs. 2 InsO ist, dass ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil hinsichtlich des Deliktsgrund vorliegt.

 

1. Anerkenntnisurteil als Endurteil

Das rechtskräftige Anerkenntnisurteil vom 11.02.2021, welches auch den Feststellungsanspruch der WEG hinsichtlich der vorsätzlichen Deliktshaftung umfasst, ist ein Endurteil im Sinne des § 184 Abs. 2 InsO (MüKoZPO/Gottwald, 6. Aufl. 2020, § 322 Rn. 26). Das AG Erfurt stellt diesbezüglich vorsorglich fest, dass der Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung durch das Anerkenntnisurteil bindend festgestellt worden ist und der WEG-Verwalter demzufolge den Widerspruch nach § 184 Abs. 2 InsO hätte verfolgen müssen (AG Erfurt NZI 2022, 861 Rn. 24 f., 30). Das Rechtsschutzbedürfnis der Klage verneint das Gericht aber, da die Attributsklage in Bezug auf Antrag und Rechtsschutzziel identisch mit der vor Insolvenzeröffnung erhobenen und durch das Anerkenntnisurteil beendeten Feststellungsklage sei.

Ist die Titulierung des Deliktsgrunds streitig, erscheint es jedoch überzeugender das Rechtsschutzbedürfnis für die Attributsklage des Gläubigers aus Gründen der Rechtssicherheit zu bejahen, damit frühzeitig Klarheit über die Erfassung der Forderung von der Restschuldbefreiung erlangen kann (vgl. BGH, BeckRS 2012, 17494). Demnach kann sich das Feststellungsinteresse trotz Vorliegen eines Titels i.S.d. § 184 Abs. 2 aus den Besonderheiten des Einzelfalls ergeben.

 

2. Verzicht auf die Rechte aus dem Anerkenntnisurteil

Die Erklärung des Prozessbevollmächtigten vom 09.03.2021, dass die WEG aus dem Anerkenntnisurteil keine Rechte herleite, ist auf die Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Anerkenntnisurteils beschränkt (so auch Cymutta, ZWE 2023, 429 [433]). Insbesondere kann die Erklärung nicht als materieller Verzicht auf die Forderung insgesamt gewertet werden. Durch die Forderungsanmeldung hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft zudem klargestellt, dass sowohl die Forderung selbst als auch die Feststellung des Deliktsgrunds weiterverfolgt werden, jedoch nicht auf der Grundlage des Anerkenntnisurteils.

Als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung muss der Verzicht auf die Vollstreckbarkeit gegenüber der am Prozess beteiligten Partei erklärt werden (Cymutta, ZWE 2023, 429 [433]). Rechtsstreitigkeiten betreffend die Insolvenzmaße sind nach den §§ 85, 86 InsO vom Insolvenzverwalter aufzunehmen. Doch auch schon vor der Aufnahme des Rechtsstreits ist der Insolvenzverwalter Partei kraft Amtes (KG, BeckRS 2018, 2554 Rn. 4). Allerdings ist zu beachten, dass der Insolvenzverwalter nicht dazu berechtigt ist, dem Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung zu widersprechen. Die Befugnis, bezüglich der Deliktseigenschaft Widerspruch einzulegen, liegt ausschließlich beim Insolvenzschuldner (BeckOK InsO/Zenker, 34. Ed. 15.1.2024, InsO § 184 Rn. 3). Dementsprechend obliegt auch die Befugnis zur Führung von Prozessen und zur Einlegung von Rechtsmitteln gegen das Urteil, sofern der Deliktsgrund tituliert wird, allein dem Schuldner. Somit sind sämtliche Prozesshandlungen hinsichtlich der Feststellung des Deliktsgrund ausschließlich gegenüber dem Schuldner zu erklären (Cymutta, ZWE 2023, 429 [433]).

Selbst wenn die Erklärung des Prozessbevollmächtigten der WEG an die Insolvenzverwalterin zugegangen wäre, würde diese die Vollstreckbarkeit des Anerkenntnisurteils gegenüber dem WEG-Verwalter also nicht beseitigen. Somit läge trotz dieser Erklärung ein entsprechendes Endurteil gem. § 184 Abs. 2 InsO vor.

 

3. Erlass des Anerkenntnisurteils nach Insolvenzeröffnung

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei werden anhängige Verfahren, welche die Insolvenzmasse betreffen, gem. § 240 S. 1 ZPO unterbrochen. Während der Unterbrechung vorgenommene Prozesshandlungen des Gerichts (z.B. Urteile) sind anfechtbar (BGH, BeckRS 2009, 13343 Rn. 14; MüKoZPO/Stackmann, ZPO, 6. Aufl. 2020, ZPO § 240 Rn. 7). Da jedoch das Anerkenntnisurteil vorliegend nicht angefochten wurde, ist es in Rechtskraft erwachsen.

Nach weit vertretener Auffassung in der Literatur geht die Betreibungslast nicht gem. § 184 Abs. 2 S. 2 InsO auf den Schuldner über, sofern der Titel nach der Insolvenzeröffnung ergangen ist, ohne dass der Prozess gem. § 240 ZPO unterbrochen wurde (BeckOK InsR/Zenker, 34. Ed. 15.1.2024, InsO § 179 Rn. 13; MüKoInsO/Schumacher, 4. Aufl. 2019, InsO § 179 Rn. 25; Uhlenbruck/Sinz, 15. Aufl. 2019, InsO § 179 Rn. 21). Da dies jedoch vorliegend der Fall war, liegt ein Verstoß gegen § 240 ZPO vor, weswegen die WEG gehindert ist, sich auf das Anerkenntnisurteil zu berufen.

 

4. Ergebnis

Da sich die WEG aufgrund des Verstoßes gegen § 240 ZPO nicht auf das Anerkenntnisurteil berufen kann, war der Deliktsgrund also nicht tituliert im Sinne des § 184 Abs. 2 InsO. Demzufolge ging die Betreibungslast bezüglich des Widerspruchs nicht auf den Insolvenzschuldner über und es oblag der WEG gem. § 184 Abs. 1, den Widerspruch des Schuldners gegen die Anmeldung des Deliktsgrunds zu verfolgen. Folglich ist ein Feststellungsinteresse – entgegen der Auffassung des AG Erfurt – zu bejahen und die Attributsklage zulässig.

 

V. Praxishinweise bei Pflichtverletzungen eines WEG-Verwalters

Die WEG hat sich richtig verhalten, indem sie neben der Leistungsklage auf Schadensersatz auch die Feststellung der vorsätzlichen Deliktshaftung beantragte. Der Deliktsgrund der Forderung wäre zweifellos tituliert gewesen und die Betreibungslast gem. § 184 Abs. 2 S. 2 InsO auf den WEG-Verwalter übergegangen, wenn das LG vor der Insolvenzeröffnung über die Klage entschieden hätte. Um eine solche Titulierung des Deliktsgrund zu erreichen, ist ein gesonderter Feststellungsantrag erforderlich, sodass eine gesonderte Tenorierung erfolgt (K. Schmidt InsO/Jungmann, 20. Aufl. 2023, InsO § 184 Rn. 18). Diese Titulierung kann für die Ausnahme von der Restschuldbefreiung gem. § 302 Nr. 1 InsO von Bedeutung sein und ermöglicht eine erweiterte Vollstreckung gem. § 850 f Abs. 2 ZPO. Mithin ergibt sich das für den Feststellungantrag erforderliche Rechtsschutzbedürfnis aus § 302 Nr. 1 InsO und § 850f Abs. 2 ZPO.

Damit die Betreibungslast im Falle des Widerspruchs des Schuldners mit Sicherheit gem. § 184 Abs. 2 InsO auf diesen übergeht, sollte der Originaltitel im Prüfungstermin vorgelegt werden.

Ist die Forderung aber nicht der Deliktsgrund tituliert, empfiehlt sich aus Gründen der Prozesseffizienz zunächst das Forderungsfeststellungsverfahren nach Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle abzuwarten. Widerspricht der Insolvenzschuldner dem Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung nicht, ist eine separate Titulierung nicht erforderlich.

Schließlich ist nicht außer Acht zu lassen, dass auch die klagende Partei dem Gericht während eines laufenden Verfahrens die zwischenzeitliche Insolvenzeröffnung mitteilen kann, um Unklarheiten oder fehlerhafte Prozesshandlungen – etwa aufgrund eines Verstoßes gegen § 240 ZPO – zu vermeiden.

 

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