BGH IX ZB 41/21
Kein Erlöschen des Geschäftsbesorgungsvertrags zur Vertretung der Schuldnerin mit Verfahrenseröffnung

21.02.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
10.10.2022
IX ZB 41/21
NZI 2022, 998

Leitsatz | BGH IX ZB 41/21

Ein vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehender Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag, der die Vertretung der Schuldnerin in Insolvenzsachen zum Gegenstand hat, bleibt auch nach Eröffnung bestehen, da er nicht unter §§ 115 ff. InsO fällt. Folgekosten dieses Vertrags hat die Schuldnerin zu tragen.

Sachverhalt | BGH IX ZB 41/21

Mit Beschluss vom 27.1.2022 hat der Senat die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin auf ihre Kosten als unzulässig verworfen und den Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens auf 2 Mio. EUR festgesetzt. Die Rechtsbeschwerde hat sich gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts vom 21.6.2021 gerichtet, mit dem dieses die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Insolvenzgerichts vom 19.5.2021, die vorläufige Eigenverwaltung aufzuheben und einen vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen, als unzulässig verworfen hatte. Das Insolvenzverfahren wurde am 1.7.2021 eröffnet. Mit dem Ansatz der Gerichtskosten wurden der Schuldnerin zwei Gerichtsgebühren nach einem Wert von 2 Mio. EUR, mithin 19.682 EUR, in Rechnung gestellt.

Mit ihrer Erinnerung macht die Schuldnerin geltend, es habe kein Mandat von ihrer Seite gegeben, das Rechtsbeschwerdeverfahren zu führen. Das Mandat des zunächst beauftragten Instanzanwalts sei gem. § 117 InsO mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erloschen. Zudem habe der Insolvenzverwalter die diesem erteilte Vollmacht auch ausdrücklich widerrufen. Demgemäß habe der Instanzanwalt auch nicht Rechtsanwalt Prof Dr. S. wirksam für das Rechtsbeschwerdeverfahren beauftragen und bevollmächtigen können. Die Kosten seien richtigerweise dem Instanzanwalt beziehungsweise Prof. Dr. S. aufzuerlegen.

Zur Entscheidung über eine Erinnerung gegen den Kostenansatz ist auch beim BGH grundsätzlich der Einzelrichter berufen. Ein Anlass, von diesem Grundsatz abzuweichen, besteht im vorliegenden Fall nicht.

Die Erinnerung der Schuldnerin hatte keinen Erfolg.

Entscheidung | BGH IX ZB 41/21

Die Erinnerung der Schuldnerin ist zulässig und statthaft, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Soweit die Erinnerung meint, die Kosten hätten nicht der Schuldnerin, sondern den beteiligten Rechtsanwälten auferlegt werden müssen, steht dem bereits entgegen, dass im Erinnerungsverfahren keine Änderung der rechtskräftigen Kostengrundentscheidung mehr erfolgen kann. Die Schuldnerin ist von den von ihr beauftragten und bevollmächtigten Rechtsanwälten wirksam vertreten worden. Das Gesetz zeigt beispielsweise mit § 34 II InsO oder mit § 64 II 1 InsO, dass der Grundsatz des Erlöschens von Aufträgen und Vollmachten an einen Rechtsanwalt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. §§ 115 ff. InsO nicht ausnahmslos gelten kann. Dem Schuldner bleibt auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Möglichkeit einen Anwalt zu beauftragen, um seine Rechte im Insolvenzverfahren durchsetzen zu können. Ein Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag, der lediglich die Vertretung des Schuldners im Insolvenzverfahren zum Gegenstand hat, fällt nicht unter §§ 115 ff. InsO und erlischt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht.

Praxishinweis | BGH IX ZB 41/21

In Insolvenzverfahren sind die Mandatsvereinbarungen zu beachten. Auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleibt ein Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag bestehen, sofern er nicht unter § 115 ff. InsO fällt. Dies ist der Fall, wenn die Mandatierung die Vertretung im Insolvenzverfahren als Gegenstand hat.