KG Berlin 22 W 43/22
Aufnahme einer Gesellschafterliste bei vollständigem Gesellschafterwechsel steht fehlende Eintragung des Einreichenden als Geschäftsführer im Handelsregister grundsätzlich entgegen

10.06.2024

Leitsatz | KG Berlin 22 W 43/22

Im Rahmen der beschränkten und im Grundsatz nur auf die formellen Aspekte ausgerichteten Prüfung bezüglich der Aufnahme einer Gesellschafterliste bei einem vollständigen Gesellschafterwechsel ist grundsätzlich an dem Erfordernis festzuhalten, dass der Unterzeichnende durch seine bestehende Eintragung im Register ausreichend als Geschäftsführer ausgewiesen ist.

Sachverhalt | KG Berlin 22 W 43/22

Die Beteiligte zu 1) ist eine GmbH, die die einzig persönlich haftende Gesellschafterin einer Verwaltungs-GmbH & Co. KG (im Folgenden KG) darstellt. Die KG selbst ist laut Gesellschafterliste Alleingesellschafterin der Beteiligten zu 1).

Die Beteiligte zu 2) war seit Anfang 2015 als Geschäftsführerin der Beteiligten zu 1) eingetragen. Sie war zusammen mit einem weiteren Geschäftsführer, der am 09.09.2020 verstarb, vertretungsbefugt. Seit Mai 2020 ist eine weitere Person - mit Alleinvertretungsbefugnis - als Geschäftsführer eingetragen.

Die verfahrensgegenständliche Gesellschafterliste wurde von der Beteiligten zu 2) am 14.09.2020 unterschrieben und eingereicht. Ausweislich des Handelsregisters war sie zu diesem Zeitpunkt nicht alleinvertretungsberechtigt. Zudem lag zu diesem Zeitpunkt bereits eine Anmeldung über die Abberufung der Beteiligten zu 2) als Geschäftsführerin vor. Mit deren Vollzug wurde ihre Eintragung als Geschäftsführerin am 17.09.2021 gelöscht.

Die Beteiligte zu 2) und der als Alleingeschäftsführer Eingetragene streiten nun (in anderen Verfahren) unter anderem darüber, ob die Beteiligte zu 2) noch Geschäftsführerin der Beteiligten zu 1) ist und ob die Übertragung von Geschäftsanteilen an der Beteiligten zu 1) durch den verstorbenen Geschäftsführer auf die KG wirksam war. Durch die Aufnahme der Gesellschafterliste vom 14.09.2020 erhofft sich die Beteiligte zu 2) Vorteile für die anderen Verfahren.

Das AG Charlottenburg hat die Aufnahme der Liste mit Beschluss vom 16.06.2022 verweigert. Dagegen wendet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vor dem KG Berlin.

Entscheidung | KG Berlin 22 W 43/22

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet und daher erfolglos.

Die Liste ist - wie schon das AG Charlottenburg beanstandet hatte - nicht von einem eingetragenen (vertretungsberechtigten) Geschäftsführer unterzeichnet worden.

Soweit die Beteiligte zu 2) der Regelung des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG entnimmt, dass ein Gesellschafter schon vor der Aufnahme der ihn als Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste einen neuen Geschäftsführer bestellen können muss, der auch die Liste gem. § 40 Abs. 1 GmbHG unterschreibt, geht diese Annahme fehl. Denn ansonsten wäre bei Anwendung des § 40 Abs. 1 GmbHG zu unterstellen, dass der Handelnde tatsächlich Gesellschafter ist - das Registergericht müsste so Gesellschafterlisten „auf Zuruf“ aufnehmen. Dem steht auch die Regelung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG entgegen, der zB auch zulasten von Erben bei verstorbenen Alleingesellschaftern gilt. Im Übrigen stünden gewaltige Missbrauchsrisiken im Raume, die den Zwecken des Handelsregisters, insbesondere der Offenbarung von relevanten Tatsachen für den Handelsverkehr, nicht gerecht werden.

Das KG sieht es deshalb als erforderlich an, „im Rahmen der beschränkten und im Grundsatz nur auf die formellen Aspekte gerichteten Prüfung bezüglich der Aufnahme einer Gesellschafterliste grundsätzlich an dem Erfordernis festzuhalten, dass der Unterzeichnende durch seine bestehende Eintragung im Register ausreichend als Geschäftsführer ausgewiesen ist.“ Ausnahmen kämen dabei lediglich in Betracht, wenn ohne eingehende Prüfung anzunehmen wäre, die als Geschäftsführer handelnde Person sei tatschlich Geschäftsführer - der Vortrag der Beteiligten zu 2) vermochte dem nicht zu entsprechen.

Zudem sei die Beteiligte zu 2) im Ergebnis nicht rechtslos gestellt. Das KG verwies auf die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes.

Praxishinweis | KG Berlin 22 W 43/22

Aufgrund der vom KG erkannten hohen Missbrauchsgefahr fordert das KG grundsätzlich die Eintragung des einreichenden (vertretungsberechtigten) Geschäftsführers im Handelsregister.

Der BGH dagegen hat dem Registergericht in einer anderen Entscheidung bereits das Recht eingeräumt, die sog. formale Einreichungszuständigkeit zu überprüfen. Das Registergericht sei insoweit auf die Prüfung beschränkt, ob es sich bei der Person in formaler Hinsicht um eine der in § 40 Abs. 1, 2 GmbHG genannten Personen handelt und könne die Liste nur zurückweisen, wenn diese von einem offensichtlich Unbefugten eingereicht würde.

Zusammenfassend ist eine Gesellschafterliste daher jedenfalls vom Registergericht aufzunehmen, wenn die einreichende Person im Handelsregister als vertretungsberechtigter Geschäftsführer ausgewiesen ist, oder das Gericht ansonsten ausreichend gesichert von der Geschäftsführereigenschaft des Handelnden überzeugt ist.