OLG Düsseldorf 24 U 98/21
Einordnung eines Drittdarlehens unter § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO

31.03.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Düsseldorf
20.10.2022
24 U 98/21
ZIP 2022, 2236

Leitsatz | OLG Düsseldorf 24 U 98/21

Für die Einordnung eines Drittdarlehens, bei dem eine vertikale oder eine horizontale Verbindung des Dritten zur Gesellschaft besteht, als eine wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen iSd § 39 I 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO entsprechende Forderung, ist eine zusätzliche wirtschaftliche Beteiligung des Dritten an der Gesellschaft nicht konstitutiv.

(amtlicher Leitsatz)

Sachverhalt | OLG Düsseldorf 24 U 98/21

Streitig ist die Feststellung einer Darlehensforderung nach § 179 InsO. Der Kläger ist Insolvenzverwalter der X-GmbH, der Beklagte Insolvenzverwalter der Y-GmbH & Co. KG. Die X-GmbH hatte der Y-GmbH & Co. KG ein Darlehen gewährt. Der Kläger meint, dass die Darlehensforderung als Insolvenzforderung gem. § 38 InsO zu qualifizieren sei. Der Beklagte ist der Auffassung, dass es sich um eine nachrangige Forderung im Sinne des § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 InsO handele.

Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der X-GmbH, A, hatte Einfluss auf die X GmbH und war mittelbar auch an der Y-GmbH & Co. KG beteiligt, bei der er über 10 % des Stammkapitals an der Komplementärin hielt. Alleiniger Kommanditist der Y-GmbH & Co. KG war B. Die Komplementärin war am Vermögen der Y-GmbH & Co. KG nicht beteiligt.

Der Kläger geht davon aus, dass A nicht als einem Gesellschafter gleichgestellter Dritter angesehen werden könne. Der Beklagte hingegen trägt vor, dass im Zeitpunkt der Darlehensvergabe eine Verbindung bestanden habe, die mit einem Gesellschafterdarlehen vergleichbar gewesen sei.

Entscheidung | OLG Düsseldorf 24 U 98/21

Das OLG Düsseldorf lehnte die Berufung ab. In dem zurückgeführten streitgegenständlichen Darlehen liege eine Forderung, die einem Gesellschafterdarlehen nach § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Alt. 1 InsO wirtschaftlich gleichstehe. Im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH könne hierunter auch die Rückführung des Darlehens eines nicht an der Gesellschaft beteiligten Dritten gefasst werden. § 39 Abs. 1 S.1 Nr. 5 Alt. 2 InsO umfasse Rechtshandlungen Dritter, die der Darlehensgewährung durch einen Gesellschafter wirtschaftlich entsprechen.

Dabei könne die Verbindung vertikal oder horizontal gestaltet sein. Dies bedeute, dass der Dritte entweder an einer Gesellschafterin der Schuldnergesellschaft beteiligt sei oder an beiden Gesellschaften, d. h. sowohl der darlehensgewährenden als auch der darlehensnehmenden Gesellschaft. Im Falle der horizontalen Verbindung müsse der Dritte an der darlehensgewährenden Gesellschaft maßgeblich beteiligt sein. Dies sei dann gegeben, wenn der Dritte auf die Entscheidung der darlehensgewährenden Gesellschaft einen bestimmenden Einfluss ausüben könne, das Darlehen zu gewähren oder zurückzuführen.

Im Streitfall sei es unerheblich, dass die Komplementärin am Vermögen der Y-GmbH & Co. KG nicht beteiligt gewesen sei. Eine zusätzliche wirtschaftliche Beteiligung der Komplementärin sei jedenfalls dann überflüssig, wenn eine horizontale Verbindung bestehe.

Praxishinweis | OLG Düsseldorf 24 U 98/21

In der Insolvenzpraxis ist die Frage, ob eine Forderung unter § 38 InsO oder unter § 39 InsO fällt von enormer wirtschaftlicher Bedeutung.

Streitig sind hier stets die Fälle, in denen zwischen dem Darlehensgeber und dem Darlehensnehmer über die jeweiligen dahinterstehenden Personen oder die handelnden Geschäftsführer personelle Überschneidungen und juristische Verbindungen bestehen können. Im Fall des OLG Düsseldorf handelte es sich um einen Anteil von 10 % an der Komplementärin der Schuldnerin. Dies ist ausreichend, um eine horizontale Verbindung zu sehen. Für die Praxis wäre interessant, wie hoch die Beteiligung an der Komplementärin denn sein muss, um eine horizontale Verbindung entstehen zu lassen, oder ob dies für die Rechtsprechung gar kein Kriterium ist, so dass auch die Streitfrage nach der Art des Kapitals und der Beteiligung an der Schuldnerin nicht von Belang ist.

In der Literatur wird begrüßt, dass es nicht erheblich ist, ob die Komplementärin auch wirtschaftlich an der darlehensnehmenden Personengesellschaft beteiligt sei. Es ginge darum, wer die Darlehen und in wessen Namen abschließe. Im anderen Fall wäre es ein leichtes, die Anwendbarkeit des § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO bei Personengesellschaften zu umgehen (GWR 2022, 365 (Kittner)).