OLG Brandenburg 7 W 10/24
Zur Eintragungsfähigkeit der Verlegung einer GmbH ins Ausland

07.06.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Brandenburg
20.03.2024
7 W 10/24
ZIP 2024, 822

Leitsatz | OLG Brandenburg 7 W 10/24

Die Verlegung des Satzungssitzes einer GmbH in das Ausland kann nicht in das Handelsregister eingetragen werden.

Sachverhalt | OLG Brandenburg 7 W 10/24

Die Gesellschafterversammlung der Antragstellerin - eine GmbH - hat beschlossen, den Gesellschaftssitz von Brandenburg nach Weißrussland [sic!] zu verlegen. Dies wurde nebst der Bestellung eines neuen Geschäftsführers zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet.

Das Amtsgericht hatte zunächst beide Eintragungen abgelehnt. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Amtsgericht nunmehr die Bestellung des Geschäftsführers eingetragen. Im Hinblick auf die Sitzverlegung wurde der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Antragstellerin verfolgt mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde weiterhin die Eintragung der Sitzverlegung.

Entscheidung | OLG Brandenburg 7 W 10/24

Das OLG Brandenburg hat die Beschwerde hinsichtlich der begehrten Eintragung zurückgewiesen.

§ 4 a GmbHG erfordere einen Sitz im Inland. Da eine Verlegung des Satzungssitzes einer GmbH in das Ausland unter Beibehaltung der deutschen Rechtsform nicht vorgesehen sei, bewirke die Sitzverlegung ins Ausland entweder die Auflösung der Gesellschaft im Sinne der Beendigung ihrer Existenz nach deutschem Recht (so – neben vielen anderen – das von der Antragstellerin mit ihrer Beschwerde zitierte OLG Hamm, NJW 2001, 2183), oder der Verlegungsbeschluss sei zur Bewahrung vor dieser Rechtsfolge nichtig (MüKo-GmbHG-Hupka, 4. Aufl. 2022, § 4a Rdnr. 93). Jedenfalls könne die Sitzverlegung im Ergebnis daher nicht in das Handelsregister eingetragen werden.

 

Praxishinweis | OLG Brandenburg 7 W 10/24

Die Entscheidung es OLG Brandenburg verdient im Ergebnis Zuspruch. Neben dem eindeutigen Wortlaut des § 4a GmbHG ist der von der Norm bezweckte Schutz des Rechtsverkehrs und der Gläubigerinteressen andernfalls nicht gewährleistet. Denn der innerdeutsche Sitz ermöglicht nach § 15a HGB, § 185 Nr. 2 ZPO eine öffentliche Zustellung und garantiert somit, dass Schriftstücke wirksam zugestellt werden können. Würde die Sitzverlegung ins Ausland gestattet, ginge hiermit die Gefahr „stiller Bestattungen“ von Gesellschaften einher, da eine wirksame Zustellung an die GmbH erheblich erschwert werden könnte (vgl. Altmeppen, 11. Aufl. 2023, GmbHG § 4a Rn. 4).

Mit Blick auf die vom Gericht bewusst offen gelassene Frage, welche konkrete Rechtsfolge ein wegen § 4a GmbHG unzulässiger Verlegungsbeschluss auslöst, ist zu konstatieren, dass die Nichtigkeit des Beschlusses die praxisgerechtere Lösung ist. Die Wirksamkeit des Sitzverlegungsbeschlusses richtet sich mangels eigener Vorschriften zum Beschlussmängelrecht in der GmbH nach wohl hM nach den §§ 241 ff. AktG analog (vgl. KG FGPrax 2011, 309; BeckOGK/Schwemmer, 15.3.2024, GmbHG § 4a Rn. 25.1 mwN; Altmeppen, 11. Aufl. 2023, GmbHG § 4a Rn. 10). Die Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses über eine Satzungssitzverlegung in das Ausland ergibt sich dabei aus § 241 Nr. 3 AktG analog, weil mit § 4a eine Vorschrift verletzt wird, die Interessen von Gläubigern und Öffentlichkeit verletzt (s.o.). Die alternative Auffassung, aus einem nichtigen Beschluss die Auflösung der Gesellschaft abzuleiten, dürfte hingegen in den wenigsten Fällen von den Gesellschaftern beabsichtigt sein und nicht in deren Interesse liegen.