LG Berlin 67 S 96/22
Quadratmeterangabe im Mietvertrag unverbindlich?

20.02.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

LG Berlin
21.06.2022
67 S 96/22
IMR 2022, 432

Leitsatz | LG Berlin 67 S 96/22

Die Parteien eines Mietvertrags schließen keine Sollvereinbarung über eine vom Vermieter gemäß den §§ 535 ff. BGB zu gewährleistende Mindestfläche der Mietsache, wenn der Mietvertrag neben einer konkreten Angabe der Quadratmeter den (Formular-)Zusatz „Diese Angabe dient wegen möglicher Messfehler nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes. Der räumliche Umfang der Mietsache ergibt sich vielmehr aus der Angabe der vermieteten Räume“ enthält.

Sachverhalt | LG Berlin 67 S 96/22

Der klagende Mieter machte ggü. seinem Vermieter Gewährleistungsansprüche wegen einer von ihm behaupteten Abweichung zwischen tatsächlicher und vereinbarter Mietfläche geltend. Hauptstreitpunkt der Parteien war die vertragliche Vereinbarung: „Diese Angabe dient wegen möglicher Messfehler nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes. Der räumliche Umfang der Mietsache ergibt sich vielmehr aus der Angabe der vermieteten Räume“. Das AG wies die Klage ab und führte aus, die Parteien hätten durch den Zusatz unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass sich die Sollbeschaffenheit nach der Raumanzahl und nicht der Quadratmeterzahl richten soll. Hiergegen richtet sich die Berufung des Mieters.

Entscheidung | LG Berlin 67 S 96/22

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung als unbegründet gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.

Das Amtsgericht hat die Klage aus den im Ergebnis zutreffenden und die Berufungsangriffe bereits erschöpfenden Gründen abgewiesen. Auf diese Gründe nimmt die Kammer Bezug und geht davon aus, dass ihnen im Wesentlichen nichts mehr hinzuzufügen ist.

Die Parteien haben die Fläche der Wohnung nicht zum Gegenstand einer Sollvereinbarung erhoben, obwohl es im Mietvertrag heißt „Die Wohnfläche beträgt ca. 154,48 qm“. Denn durch den Zusatz „Diese Angabe dient wegen möglicher Messfehler nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes. Der räumliche Umfang der Mietsache ergibt sich vielmehr aus der Angabe der vermieteten Räume“ haben die Parteien unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass sich die Sollbeschaffenheit der Mietsache insoweit ausschließlich nach der Raum-, nicht jedoch nach der Quadratmeteranzahl richtet. Somit stehen dem Kläger keine Gewährleistungsansprüche wegen einer Flächenabweichung zu. Aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB oder der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB folgt nichts anderes, da die Vereinbarung eindeutig ist und eine abweichende Auslegung unvertretbar wäre. Auch das hat das Amtsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.

Praxishinweis | LG Berlin 67 S 96/22

Nach der Rechtsprechung des BGH kann dem Mieter ein Rückzahlungsanspruch zustehen, wenn die vereinbarte Mietfläche um mehr als 10% von der tatsächlichen abweicht und so einen zur Minderung berechtigenden Mangel begründet. Dies gilt auch, wenn die vereinbarte Mietfläche mit einer „ca.“- Angabe versehen ist. Es kommt daher in der Praxis darauf an, durch Auslegung die vertraglich vereinbarte Mietfläche zu ermitteln. Sofern es sich bei der entsprechenden vertraglichen Regelung um AGB handelt, sind diese so auszulegen, wie verständige und redliche Vertragspartner sie verstehen würden. Erst wenn diese Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, findet die Zweifelsregel des § 305c II BGB zu Gunsten des Verwendungsgegner (also meist des Mieters) Anwendung. Führt die Auslegung - wie hier - aber bereits zu einem eindeutigen Ergebnis, bleibt für die Zweifelsregel kein Raum.