BGH VII ZR 231/22
Vergütungsansprüche aus Bauverträgen verjähren nach zehn Jahren

31.05.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
07.12.2023
VII ZR 231/22
BWNotZ 2023, 306; NJW 2024, 674

Leitsatz | BGH VII ZR 231/22

Verpflichtet sich der Veräußerer eines Grundstücksanteils in einem Bauträgervertrag zur Errichtung einer Eigentumswohnung, verjährt sein einheitlich für Grundstücksanteil und Eigentumswohnung vereinbarter Vergütungsanspruch gemäß § 196 BGB in zehn Jahren.

Sachverhalt | BGH VII ZR 231/22

Mit notariellem Bauvertrag vom 26. Februar 2013 veräußerte die Klägerin an die Beklagten zwei Miteigentumsanteile an einer Anlage, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung sowie an einem PKW- Abstellplatz im Untergeschoss. Der Vertrag sieht eine Zahlung in sieben vom Baufortschritt abhängigen Raten vor. Die Schlussrate von 3,5 % des vereinbarten Preises ist nach vollständiger Fertigstellung zu zahlen. Am 21.11.2014 erklärte die Klägerin, das Objekt als „vollständig fertiggestellt“ und verlangt die Zahlung der Schlussrate i.H.v. 3,5 %. Zuvor führte die Klägerin im Juni 2014 eine Begehung der Wohnung mit den Beklagten durch, wobei ein unterzeichnetes Abnahmeprotokoll erstellt wurde, welches 27 Beanstandungen enthielt. Dementsprechend wiesen die Beklagten mit Schreiben vom 8. Dezember 2014 die Rechnung wegen Baumängeln zurück. Daraufhin erging am 3. Januar 2018 ein Mahnbescheid gegen die Beklagten, gegen den sie Widerspruch erhoben haben. Zunächst verzichteten die Beklagten auf die Erhebung der Einrede der Verjährung bis zum 31. Dezember 2018, wonach am 2. Januar 2019 der Rechtsstreit an das Landgericht abgegeben wurde. Die Anspruchsbegründung der Klägerin fand am 24. September 2020 statt und ist den Beklagten am 5. Februar 2021 zugestellt worden.

Nun erhoben die Beklagten die Einrede der Verjährung und beriefen sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen der von ihnen gerügten Mängel, deren Beseitigungsaufwand sie auf ca. 33.500,-€ bezifferten. Die Klägerin hingegen erkannte eine Minderung i.H.v. 200,-€ an und verblieb im Übrigen bei der Auffassung, dass die erhobenen Mängelrügen kein Zurückbehaltungsrecht in der Höhe rechtfertigten.  Die Klage wurde vom Landgericht abgewiesen, die Berufung vom Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgte die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidung | BGH VII ZR 231/22

Die Revision der Klägerin hatte Erfolg, sodass das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zurück an das Berufungsgericht verwiesen wurde. Zunächst wurde festgestellt, dass das BGB in der Fassung, die für vom 01. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2017 geschlossene Verträge gilt, angewendet werden muss. Weiterhin führt der BGH auf, der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der restlichen Vergütung aus dem Bauträgervertrag unterliegt der zehnjährigen Verjährungsfrist aus § 196 BGB und nicht, wie vom Berufungsgericht angenommen, der dreijährigen Verjährungsfrist aus § 195 BGB.

Dies ist abzustellen auf den vorliegenden Vertrag, der neben werkvertraglichen auch kaufvertragliche Elemente enthält, sodass grundsätzlich hinsichtlich der Errichtung des Bauwerks Werkvertragsrecht und hinsichtlich der Übertragung des Eigentums an dem Grundstück hingegen Kaufrecht anzuwenden ist. Eine Aufteilung der Bauträgervergütung in diese zwei Einzelteile ist dann möglich, wenn eine derartige Aufteilung vereinbart wurde, was vorliegend nicht der Fall ist, sodass der Vergütungsanspruch nur einheitlich verjähren kann. Dabei ist nach überwiegend vertretener Auffassung § 196 BGB anzuwenden, da es sich hierbei um die Übertragung des Eigentums und des Rechts an einem Grundstück handelt. Es ergibt sich zwar nicht allein aus dem Wortlaut, dass neben der geschuldeten Übertragung des Grundstücks auch die Errichtung des Bauwerks erfasst ist, gleichwohl ist es aus systematischen und teleologischen Gesichtspunkten gerechtfertigt, da das Bauwerk nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB zum wesentlichen Bestandteil des Grundstücks wird und das Eigentum am Grundstück sich damit nach § 946 BGB auch auf das Eigentum am Bauwerk erstreckt. So greift bei Bauträgerverträgen grundsätzlich eine Verjährungsfrist von zehn Jahren nach § 196 BGB, die mit Entstehung des Zahlungsanspruchs beginnt. Demnach ist die Verjährungsfrist im Streitfall noch nicht abgelaufen und die Frage bezüglich eines Zurückbehaltungsrechts wird nicht beantwortet.

 

Praxishinweis | BGH VII ZR 231/22

Mit dieser Entscheidung schafft der BGH nun Rechtssicherheit bezüglich der Frage der Verjährung bei Bauträgerverträgen, bei denen eine einheitliche Vergütung geschuldet ist, die nur einheitlich verjähren kann. Nach dem Gesetzeszweck kommt deshalb nur die lex specialis § 196 BGB mit einer Verjährungsfrist von zehn Jahren in Frage.

Offen bleibt allerdings die Frage, zu welchem Ergebnis eine vereinbarte Kaufpreisaufteilung führt, die auch nicht selten aus steuerrechtlichen Gründen gewünscht wird. Hierzu formuliert der BGH sehr zurückhaltend, eine Abweichung vom Grundsatz einer einheitlichen Vergütung und der einheitlichen Verjährung komme „dann in Betracht, wenn eine derartige Aufteilung vereinbart wurde“. Fraglich ist, ob diese Kaufpreisaufteilung hinreichend sein kann, denn im Verhältnis der Vertragsteile bleibt es bei einem einheitlichen Vergütungsanspruch und es ändert nichts an dem Anspruch auf Übertragung des Grundstücks mit dem verbundenen Bauwerk. Die Leistungen hätten für den Erwerber keinen nachhaltigen Wert, wenn er nicht auch Eigentümer des Grundstücks wird. Anders könnte es jedoch zu bewerten sein, wenn die Kaufpreisaufteilung auch die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien betrifft. So könnte zum Beispiel vereinbart werden, dass der Erwerber bereits nach Zahlung des Kaufpreisanteils für das Grundstück Eigentümer wird, noch bevor das Bauwerk fertiggestellt wurde.

Maßgebend für den Beginn der Verjährungsfrist ist in der Regel der Zeitpunkt der Fälligkeit. Jede Rate ist diesbezüglich gesondert zu beurteilen. Daraus ergibt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Verjährung der Schlussrate bei Bauträgerverträgen beginnt. Voraussetzung für die Fälligkeit ist jedenfalls die vollständige Fertigstellung der geschuldeten Bauleistung. Diese wird in der Rechtsprechung dann angenommen, wenn alle festgehaltenen Baumängel beseitigt wurden. Anderer Ansicht nach genügt die Abnahmereife. Bei abgeschlossenen Verträgen nach der Baurechtsreform 2018 bestimmt sich die Fälligkeit jedenfalls nach § 650g Abs. 4 BGB durch Abnahme des Bauwerks.