BGH VIII ZR 132/20
Verjährung: Keine Höchstfrist von 30 Jahren im Mietrecht

15.02.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
31.08.2022
VIII ZR 132/20
IMR 2022, 430

Leitsatz | BGH VIII ZR 132/20

  1. Im Mietrecht gibt es nur eine Verjährungsfrist für Ansprüche, die unter den Anwendungsbereich des § 548 BGB fallen.
  2. Eine zusätzliche 30-jährige Höchstfrist gem. § 199 III Nr. 2 BGB läuft daneben nicht.
  3. Deshalb kann der Vermieter auch Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache geltend machen, die der Mieter vor mehr als 30 Jahren begangen hat.

 

Sachverhalt | BGH VIII ZR 132/20

Die Kläger sind Eigentümer und Vermieter einer im Jahr 1981 von den Beklagten gemieteten Wohnung in Berlin. Vor dem Jahr 1984 statteten die Beklagten das Badezimmer mit einem Fliesenfußboden nebst Bodenabfluss aus. Die Arbeiten wurden nicht fachgerecht ausgeführt, weil eine Dichtung unterhalb der Fliesen nicht erstellt wurde. Am 8. Juli 2016 drang in dem unmittelbar darunter gelegenen Badezimmer der Wohnung im dritten Obergeschoss schwallartig Wasser durch die Decke. Im Zuge der Schadensaufnahme wurde festgestellt, dass die Decke einsturzgefährdet war, weil mehrere Deckenbalken durch über Jahre eingedrungene Feuchtigkeit beschädigt worden waren. Die Schadensbeseitigung kostete ca. 37.500 €.

Mit der während des fortdauernden Mietverhältnisses im Jahr 2017 erhobenen Klage machten die Kläger geltend, die - auf den Rollstuhl angewiesene - Beklagte habe während der letzten zwanzig Jahre regelmäßig außerhalb der Badewanne geduscht, so dass Wasser durch den unzureichend abgedichteten Fliesenboden in die darunter gelegene Holzkonstruktion eingedrungen sei. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben.

Entscheidung | BGH VIII ZR 132/20

Die Revision hat Erfolg. Die Schadensersatzansprüche der Kläger aus § 280 Abs. 1 BGB, § 1967 BGB sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verjährt. Es greift allein die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB. Die Anwendung der Verjährungshöchstfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB hat neben der vorrangigen Sonderregelung keinen Platz.

Bereits der Wortlaut des § 548 Abs. 1 BGB deutet darauf hin, dass es sich um eine abschließende Regelung der Verjährung mietvertraglicher Ersatzansprüche des Vermieters handelt. Der historische Gesetzgeber von 1900 hätte das Problem sogar gesehen und explizit keine Höchstfrist eingeführt. Auch aus der im Gesetzgebungsverfahren der Schuldrechtsreform erfolgten Änderung der amtlichen Überschrift des § 199 BGB könne das nicht hergeleitet werden. Schließlich spricht auch die systematische Stellung des § 548 BGB im besonderen Teil für einen Vorrang vor § 199 BGB. Sinn des § 548 BGB ist es, schnell Rechtssicherheit zu schaffen. Dazu muss der Vermieter aber in die Lage versetzt werden, sich durch Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft über die Mietsache ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen zu machen.

Praxishinweis | BGH VIII ZR 132/20

Offengelassen hat der Senat, ob sich der Mieter auch deshalb schadensersatzpflichtig gemacht hat, weil die Beklagte regelmäßig außerhalb der Badewanne geduscht habe. Ebenfalls offen blieb, ob der Mieter wegen eines eventuellen Regressverzichts wegen in die Betriebskostenabrechnung aufgenommener Kosten einer Gebäudeversicherung nicht in Anspruch genommen werden kann.