KG 1 W 471/21
Vollmacht eines Ehegatten zur Bewilligung einer Finanzierungsgrundschuld

17.02.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG
01.03.2022
1 W 471/21
NJW-RR 2022, 1029

Leitsatz | KG 1 W 471/21

  1. Verpflichtet sich ein im gesetzlichen Güterstand lebender Ehegatte im Rahmen der Veräußerung eines sein wesentliches Vermögen bildenden Wohnungserbbaurechts bei der Finanzierung des Kaufpreises durch den Käufer zu Lasten des Kaufgegenstandes mitzuwirken, kann die Zustimmung des anderen Ehegatten zu dem Vertrag auch die von dem Erwerber unter Ausnutzung einer Belastungsvollmacht im Namen des Veräußerers erklärte Bewilligung der Eintragung einer Grundschuld erfassen.
  2. Der – aktuelle – Bestand der Ehe muss dem Grundbuchamt nicht nachgewiesen werden, wenn sich die Eheschließung aus einer dem Grundbuchverfahren genügenden – älteren – Eheurkunde ergibt und nicht ersichtlich ist, dass der veräußernde Ehegatte mit einer anderen als der dort aufgeführten, die Zustimmung erklärenden Person verheiratet sein könnte.

Sachverhalt | KG 1 W 471/21

Die Beteiligte zu 1 schloss einen Grundstückskaufvertrag und erklärte, dass sie im gesetzlichen Güterstand lebe und mit dem Verkauf der Wohnung über ihr gesamtes Vermögen verfüge. Ihr Ehemann erklärte notariell beurkundet seine Zustimmung. Im Kaufvertrag hatte die Beteiligte zu 1 sich verpflichtet, an der Finanzierung durch den Käufer zulasten des Eigentums mitzuwirken. Es wurde die Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld beantragt.

Am 24.11.2021 erließ das AG Kreuzberg – Grundbuchamt – eine Zwischenverfügung, da Eintragungshindernisse bestünden.

Entscheidung | KG 1 W 471/21

Die Beschwerde hatte Erfolg und führte zur Aufhebung der Zwischenverfügung.

Die Eintragung einer Grundschuld im Grundbuch erfolgt auf Antrag, § 13 Abs. 1 S. 1 GBO, wenn sie der Grundstückseigentümer bewilligt, § 19 GBO. Er muss die Bewilligung nicht selbst abgeben, vielmehr kann die Erklärung auch durch einen Vertreter erfolgen. Soweit die Wirksamkeit materiell-rechtlicher Erklärungen eines Vertreters von der Zustimmung eines Dritten abhängt, wird dadurch auch die Vertretungsmacht zur Abgabe der verfahrensrechtlichen Eintragungsbewilligung beschränkt. Dem Grundbuchamt ist dann auch die Zustimmung des Dritten nachzuweisen.

Bei Verfügungen über das Vermögen im Ganzen bedarf es der Einwilligung des anderen Ehegatten, § 1365 Abs. 1 BGB. Dies ist auch der Fall, wenn über Wohnungseigentumsrecht verfügt wird, das (nahezu) das ganze Vermögen des Ehegatten bildet. Wird mit der Belastung durch ein Grundpfandrecht der Wert des Grundstücks ausgeschöpft, kann diese Verfügung ebenfalls dem Zustimmungserfordernis unterfallen.
Die angefochtene Zwischenverfügung ist im Ausgang nicht zu beanstanden, da die Beteiligte zu 1 im Rahmen der Beurkundung angab, über ihr ganzes Vermögen im Sinne von § 1365 BGB zu verfügen und im gesetzlichen Güterstand verheiratet zu sein. Die erforderliche Zustimmung hat der Ehemann aber am 07.10.21 erklärt. Diese Erklärung umfasste auch die übernommene Verpflichtung, „an der Finanzierung des Kaufpreises durch den Käufer zu Lasten des Kaufgegenstandes mitzuwirken“. Entgegen dem Grundbuchamt bedurfte es demnach bei der Bestellung der Finanzierungsgrundschuld unter Ausnutzung der erteilten Vollmacht nicht der erneuten Zustimmung des Ehemanns.

Anders wäre dies, wenn die Genehmigung des Familien- bzw. Betreuungsgerichts gemäß §§ 1821 Abs. 1 Nr. 1, 1908i Abs. 1 S. 1 BGB nachzuweisen wäre. Denn durch eine Genehmigung des Kaufvertrags über ein Grundstück entfällt hier nicht die Genehmigungsbedürftigkeit des nachfolgenden dinglichen Geschäfts der Grundpfandrechtsbestellung.

Eine solche formale Betrachtung ist bei Verfügungen eines im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehegatten jedenfalls nicht geboten, wenn es - wie hier - im Rahmen der Grundstückveräußerung um dessen Belastung mit einem der Sicherung der Kaufpreisfinanzierung dienenden Grundpfandrecht geht. Diese Belastung ist so eng mit der Veräußerung des Grundstücks verbunden, dass es gerechtfertigt erscheint, sie lediglich als „Veräußerungsmodalität“ anzusehen. Der Belastung des Eigentums kommt hier im Ergebnis nur eine im Verhältnis zu seiner letztlich angestrebten Übertragung geringe, untergeordnete Bedeutung zu. Im Hinblick auf die regelmäßig, so auch hier, getroffenen Sicherungsabreden ist mit der Eintragung dieses Grundpfandrechts auch keine die Zwecke des § 1365 BGB  gefährdende Belastung des Ehegattenvermögens verbunden.

Entgegen der angefochtenen Zwischenverfügung bedarf es vorliegend keines „aktuellen“ Ehenachweises. Die Eheschließung ist mit der Eheurkunde bewiesen, §§ 54 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1 Nr. 2 PStG. Sie lag dem Grundbuchamt am 22. September 2021 im Original vor und genügte damit der im Grundbuchverfahren erforderlichen Form, § 29 Abs. 3 GBO. Zwar trifft die Eheurkunde über den derzeitigen Bestand der Ehe keine Aussage, dies ist allerdings unschädlich. Es ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, dass die Beteiligte zu 1 mit einer anderen Person verheiratet sein könnte. Hätte die Ehe im Zeitpunkt der Beurkundung vom 7. Oktober 2021 bereits nicht mehr bestanden, wäre die Zustimmung des nicht erforderlich gewesen. Seine Erklärung ginge dann ins Leere.

Praxishinweis | KG 1 W 471/21

Bei Verfügungen über das Vermögen im Ganzen bedarf es der Einwilligung des anderen Ehegatten, § 1365 Abs. 1 BGB. Dies gilt auch, wenn durch die Belastung durch ein Grundpfandrecht der Wert des Grundstücks ausgeschöpft wird. Allerdings umfasst die Zustimmung des Ehegattens zu der Veräußerung eines Grundstücks regelmäßig auch die Belastung desselben mit einem Grundpfandrecht. Dies gilt zumindest dann, wenn das Grundpfandrecht der Sicherung der Kaufpreisfinanzierung dient. Der Belastung des Eigentums kommt hier im Verhältnis zu der letztlich angestrebten Übertragung eine nur untergeordnete Bedeutung zu. Diesbezüglich besteht ein Unterschied zu Genehmigungen des Familien- bzw. Betreuungsgerichts, bei welchen sowohl der Kaufvertrag, als auch das dingliche Geschäft der Grundpfandrechtsbestellung einer eigenen Zustimmung bedarf.

Es bedarf keines aktuellen Beweises der Ehe, vielmehr genügt eine Eheurkunde. Zwar gibt diese keine Aussage über den aktuellen Bestand, dies ist aber irrelevant, solange keine Hinweise vorliegen, dass eine Ehe mit einer anderen Person besteht. Hätte die Ehe keinen Bestand mehr, wäre die Zustimmung ohnehin entbehrlich gewesen.